Es ist gar nicht so einfach, manchmal die eigenen Kinder auflaufen zu lassen. Es ist im Grunde genommen die Absicht, jemanden über die eigenen Füße stolpern zu lassen, verbunden jedoch mit der Hoffnung, dass dieser jemand etwas daraus lernen kann.
Ich habe mich zu sehr der Illusion hingegeben, das es durchaus möglich ist den eigenen Kindern plausibel zu erklären, wenn etwas schädlich oder für sie gänzlich ungeeignet ist. Und ich habe mich sehr zuversichtlich gezeigt, wenn dann das erwartete Ergebnis nicht sofort eingetreten ist. Die Reaktion einfach noch mehr darüber zu reden führte aber ganz einfach nicht oder nur selten zum erwünschten Erfolg.
Es ist mindestens ebenso schwierig, die Situation einfach laufen zu lassen, wenn halt mal etwas schief geht und nicht sofort einzugreifen. Hier bei uns Zuhause ist dann einfach dicke Luft, weil die Sprösslinge direkte Einmischung oder hartes durchgreifen einfach nicht akzeptieren wollen. Es führt auch zu viel Frust auf beiden Seiten, denn die daraus entstehenden Konflikte betreffen oft unser Familienleben und beeinflussen die Stimmung Zuhause ungemein.
Mit fällt es durchaus schwer, mich manchmal zu beherrschen, wenn zum tausendtsten Mal Abmachungen gebrochen werden. Dreistigkeit und Lügen tragen dann ihr übriges dazu bei. Unser Julian ist jemand, der sehr starken Wert auf Selbstbestimmung legt und Einschränkungen von außen nicht akzeptieren will. Jegliche Versuche, Abmachungen zu treffen stoßen auf großen Widerstand und werden in der Regel nur dann berücksichtigt, wenn er direkten Profit aus der Situation schlagen kann. Ansonsten demonstriert er sehr gerne die erlebte Ungerechtigkeit mit diversen Provokationen und das nicht zu knapp. Zudem haben wir mit ihm jede erdenkliche Situation schon durchgemacht und auf die Dauer zehrt dies an meinen Reserven und an den Reserven meiner Frau ebenso. Das geht manchmal so weit, das wir beide restlos am Ende und der Verzweiflung nahe sind.
Ich glaube, das mit der Zeit sich die gemeinsame Kommunikationsbasis weiter entwickelt, wenn auch hin und wieder nicht so schnell wie erhofft. Hierfür sind aus meiner Sicht jedoch ausschließlich die Erziehungspersonen zuständig. Und dazu gehört ebenso, das Aushalten von schwierigen Situationen. Von Situationen, die uns allen viel Arbeit, Aufwand und Ärger ersparen würden, würde der Nachwuchs einfach bestimmte Gegebenheiten akzeptieren. Die Einsicht beim Nachwuchs stellt sich im übrigen nicht selten beim ersten Mal ein, wenn’s halt mal kracht. Ich habe festgestellt, das es hin und wieder auch auf die Situation ankommt, wo und wann dann das Geschehene besprochen wird und ein günstiger Zeitpunkt in gemütlicher Umgebung eher dazu führt, dass das Gesagte auch ankommt.
Auch muss im Übrigen grundsätzlich ein Interesse an dem Alltag deines Kindes bestehen, sodass man die verschiedenen Gemütszustände und Gefühlslagen einschätzen kann. Diese schlagen bei unserem großen zum Beispiel regelmäßig durch wohingegen der Kleine sehr viel konstanter ist in seinem Tun und gelegentliche Spitzen problemlos wegstecken kann. Es kommt nicht selten vor, das am Vormittag oder Nachmittag eine große Gewitterwolke über unserem Haus hängt und starke Spannungen erntestehen, die zu großem Streit führen. Und am Abend finden wir dann doch wieder bewusst zurück einem gemeinsamen Essen und gemeinsamen Aktivitäten. Mir hat es im übrigen immer geholfen, wenn gemeinsame Unternehmungen und Hobbies für mich gleichzeitig auch entsprechend entspannend waren und ich nicht noch gegen einenn inneren Widerstand ankämpfen musste. Meine Jungs haben immer gespürt, wenn ich etwas mit Hingabe machte. Und ich habe versucht diese Gemeinsamkeiten so gut es ging unabhängig von der Stimmung Zuhause zu weiter zu entwickeln und nie als Druckmittel oder Mittel zur Bestrafung einzusetzen, wenn etwas anderes nicht so gut lief.
Vielleicht müssen wir uns einfach damit abfinden, nicht immer Einfluss und Einsicht zu haben in das, was unser Nachwuchs so erlebt. Dies ist für mich bisher die schwierigste Lektion gewesen.