Ich spreche hier nicht von einer großen Auszeit vom Alltag. Nein, das meine ich nicht. Zu viel Abstand kann bei mir sogar den gegenteiligen Effekt haben – es verstärkt manchmal nur den Wunsch, auszubrechen. Was ich meine, ist viel kleiner, viel unscheinbarer: diese eine halbe Stunde, in der du nichts musst und nichts machst.
Nicht erst spät am Abend, wenn ohnehin alles vorbei ist. Sondern mitten im Tag. Einfach mal runterfahren, den Ball abgeben. Gerade dann, wenn du – so wie ich oft – das Gefühl hast, alles allein regeln zu müssen. Nicht, weil es ein Luxus wäre. Sondern, weil genau in diesem Abstand etwas Wesentliches geschehen kann: ein neuer Blick auf die Dinge.
Kürzlich hörte ich eine Predigt über Geduld. Der Pastor sprach davon, wie sehr wir uns von der Natur entfremdet haben. Er erinnerte daran, dass Wachstum Zeit braucht, dass Prozesse in Ökosystemen und in der Evolution nicht beschleunigt werden können. Alles folgt seinem Rhythmus. Und er betonte: Geduld ist kein Mangel, sondern etwas Natürliches.
So ist es auch mit Erziehung. Wenn ich merke, dass meine Geduld am Ende ist, gönne ich mir bewusst diese halbe Stunde. Ich sage meinen Kindern: „Ich bin jetzt eine Weile nicht ansprechbar. Es hat nichts mit euch zu tun.“ Und oft geschieht dann etwas Erstaunliches: Die kleinen Konflikte des Alltags lösen sich von selbst auf. Das Stimmungsbarometer in der Familie steigt – und auch in mir.
Geduld. Geduld.
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