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Menschvadder, sag einfach mal was nettes…

Seinen Standpunkt gegenüber dem eigenen Kind klarzumachen, verlangt manchmal eine gewisse innere Ruhe. Denn sobald die Fronten einmal verhärtet sind, ist es schwer, die eigenen Gedanken so auszudrücken, dass sie wirklich ankommen – dass das Kind nicht nur hört, sondern auch versteht. Und doch bin ich überzeugt: es gibt unzählige Dinge, die mein Kind gut macht.

Trotzdem gibt es Momente, die mich sehr belasten. Etwa wenn mein Kind ungefragt meine Sachen nimmt, sie irgendwo verschwinden oder kaputtgehen. Wir haben zu Hause schon einen beträchtlichen Schwund – von Rasierern über Hygieneartikel bis hin zu Werkzeugen. Trotz aller Gespräche und Regeln entscheidet am Ende oft der Impuls, die Lust am Spiel, über den verantwortungsvollen Umgang. Für mich führt das zu Frust, und das ist nur ein kleiner Ausschnitt unseres Familienalltags.

Ich merke, dass ich manchmal in eine Falle tappe: Ich lobe mein Kind, nur um im nächsten Atemzug zehn Dinge aufzuzählen, die nicht so gut laufen. Das Ergebnis ist vorhersehbar – Ernüchterung. Vielleicht bräuchte es manchmal sogar jemanden von außen, einen neutralen Vermittler, der hilft, dass wir überhaupt ins Gespräch kommen. Und wenn es dann soweit ist, wird mir bewusst, wie entscheidend es ist, mir vorher klarzumachen: Welche Botschaft möchte ich eigentlich vermitteln?

Es geht mir nicht um Dankbarkeit, wenn ich einen Kinobesuch organisiere. Aber ich erwarte eine gewisse Wertschätzung – Respekt füreinander. Ich möchte zeigen, dass ich mein Kind liebe, auch wenn ich ihm nicht alles abnehmen kann und auch nicht alles so bequem wie möglich gestalte. Manche Dinge – wie die eigenen Socken zu holen oder das Besteck zum Essen – bleiben in seiner Verantwortung. Für manche Kinder ist gerade das Maß an Gefälligkeiten ein stiller Beweis elterlicher Liebe.

Doch im Kern sollte immer etwas anderes mitschwingen: dass mein Kind von mir geliebt wird, so wie es ist. Diese Botschaft darf nicht verloren gehen, auch wenn ich zwei oder drei konkrete Dinge anspreche, die mir wichtig sind. Wahrscheinlich hat auch mein Kind Dinge, die es mir sagen möchte. Vielleicht ist genau das die eigentliche Herausforderung: die Gelassenheit aufzubringen, die es möglich macht, wirklich zuzuhören. Vielleicht ist diese Gelassenheit sogar das größte Geschenk, das mir mein Kind gemacht hat.

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Menschvadder, und es gelingt doch…

Zu behaupten, unser Familienalltag laufe von allein, ohne Mühen und Stolpersteine – das wäre eine glatte Lüge.

Heute gibt es Pizza, zur Feier des Halbjahreszeugnisses. Ein kleines Highlight, ein Versuch, den Druck des Alltags für einen Moment aufzulösen. Manchmal gelingt es, die Stimmung mit so einem kleinen „Zuckerle“ in eine bessere Richtung zu lenken. Heute funktioniert das nur bedingt. Die Kinder wirken erschöpft – und mir geht es nicht anders.

Es ist einer dieser Tage, an denen vieles zusammenkommt. Ich merke, wie meine Kräfte an ihre Grenzen stoßen. Dabei steht es objektiv gar nicht schlecht um unser Familienleben. Wir reden miteinander, wir sind nah dran an den Kindern, wir bleiben im Austausch. Natürlich ist es anstrengend, eine Situation nach der anderen zu bewältigen – Schule, Krankheiten, Betreuung, Partnerschaft, Verantwortung für uns selbst und füreinander. Aber im Ganzen betrachtet läuft es. Und das ist letztlich entscheidend.

Es gibt sie immer: die Höhen und Tiefen. Sie hinterlassen Spuren, machen müde, gehören aber dazu. Solange keine existenziellen Probleme im Raum stehen, ist fast alles lösbar. Mal bin ich geduldig, mal streng, mal voller Energie, mal einfach nur genervt. All das sind die Farben unseres Alltags – und sie haben ihre Berechtigung. Denn am nächsten Morgen geht es weiter. Irgendwie geht es immer weiter. Emotionen lassen sich nicht vollständig steuern, das eigene Verhalten schon.

Am Wochenende wollen wir wegfahren. Der Große bleibt diesmal bei der Oma, und wir fahren zu dritt an den See. Eine kleine Auszeit, ein Moment zum Durchatmen und Auftanken. Noch zwei Wochen gilt es durchzuhalten bis zu den Ferien – und dieser Zwischenstopp fühlt sich an wie ein rettender Anker auf dem Weg dorthin.

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Menschvadder, hier riecht’s gut….

Wer erinnert sich nicht an den süßen Duft von Gebäck oder an das Aroma frisch gekochter Speisen, das sofort Kindheitserinnerungen wachruft? Auch bei mir tauchen solche Bilder auf, wenn ich das Haus meiner Eltern betrete und dort gekocht wird.

Bei uns zu Hause ist das Kochen Männersache. Klingt vielleicht größer, als es tatsächlich ist – denn unter der Woche essen die Kinder oft auswärts, und ich versorge zwischendurch meine Frau oder koche spontan etwas. Manchmal bringe ich auch Essen aus der Kantine mit, weil unser Koch ohnehin großzügig bemisst. Für mich gehört ein warmes Essen zum Tag wie selbstverständlich die Nacht dazu. Oft ist der Alltag jedoch so eng getaktet, dass meine Frau gar nicht dazu kommt, ans Mittagessen zu denken: Morgens die Kinder richten, sich selbst fertig machen, nach der Arbeit sofort heim, Pflichten erledigen, Hausaufgaben betreuen – und so weiter. Hier kann ich sie entlasten.

Doch beim Essen hört mein Engagement nicht auf. Es geht um Care-Arbeit, um das gemeinsame Tragen von Verantwortung, um das Teilen von Aufgaben und den Ausgleich des Mental Load. Das klingt selbstverständlich, bringt aber viele herausfordernde Situationen mit sich. Familienalltag fühlt sich oft wie ein Marathon oder ein Staffellauf an. Diskussionen, Machtkämpfe mit den Kindern, der Versuch, ihnen Struktur zu geben, all das fordert Geduld und Aufopferung. Schlaflose Nächte, Krankheiten, Sorgen und Irrwege gehören dazu – und es bleibt nicht ohne Spuren.

Oft gibt es dafür nicht einmal ein Dankeschön. Doch eigentlich ist die viel größere Belohnung eine andere: Dass ich all das miterlebe. Dass ich sehe, wie meine Kinder aufwachsen, dass ich mit ihnen zusammen durchs Leben gehe und unsere Verbindung wächst. Diese Nähe ist unbezahlbar.

Und noch etwas ist wichtig: Wenn ich diese Verantwortung nicht mittrüge, müsste mein Partner all das alleine schultern. Ein Szenario, das lange Zeit fast normal war – der Mann macht Karriere, glänzt beruflich, bleibt aber zu Hause ein Amateur. Ich bin froh, dass sich die Arbeitswelt verändert hat und dass es heute Möglichkeiten gibt, Arbeit und Familie besser zu verbinden. Es ist nicht immer einfach – aber es ist ein großartiges Geschenk an unsere Generation, dass beides überhaupt so möglich ist.

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Menschvadder, du bist der Fels in der Brandung….

Allgemein gilt: Wir sind dazu aufgefordert, für andere stark zu sein. Schon in der Bibel findet sich dieser Gedanke an vielen Stellen. Mir ist dabei bewusst geworden, dass wir Eltern besonders oft stark sein müssen – für unsere Kinder. Sie sollen an den Herausforderungen wachsen, die das Leben ihnen stellt. Doch Wachstum geschieht nur dort, wo man an Grenzen stößt. Damit Kinder diesen Weg gehen können, brauchen sie Ermutigung, Zuspruch und Halt.

Das „Starksein“ hat jedoch wenig mit Heldentum zu tun. Kein Vater, keine Mutter hat jemals einen Orden verliehen bekommen für die Kämpfe des Alltags: den Kampf gegen Widerstände, gegen Müdigkeit, gegen Gefühle von Wut oder Verachtung, die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung manchmal offen zeigen. Ein Stück „Ruhm“ liegt vielmehr darin, nach einem langen Arbeitstag die Geduld zu finden, dem Nachwuchs beim Runterkommen zu helfen – nach einer Woche voller Schule, voller Anspannung. Immer wieder dieselbe Aufgabe, immer wieder aufs Neue.

Es ist eine große Herausforderung, diese Balance zu erlernen – und vielleicht sogar ein Privileg. Generationen vor uns hatten oft gar nicht die Gelegenheit, sich als Väter aktiv im Familienleben einzubringen. Für viele war die Arbeit körperlich so belastend, dass die Kinder vor allem für eines da waren: um sicherzustellen, dass es irgendwie weiterging.

Wir haben heute die Möglichkeit, es besser zu machen. Dieser Gedanke schenkt mir Hoffnung und Kraft. Und er erinnert mich daran: Wir wachsen nicht nur an den Herausforderungen unserer Kinder – wir wachsen auch miteinander und aneinander. Vielleicht werde ich mir eines Tages genau diese intensive Zeit zurückwünschen.

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Menschvadder, der Haussegen…

Manchmal staune ich, wie viel sich im Familienalltag anstauen kann. Und manchmal auch, wie schnell sich Enttäuschung einstellt, wenn der Nachwuchs mal wieder „aus der Reihe tanzt“. Das können Beleidigungen sein oder handfeste Streitereien, schlechtes Benehmen oder eine herablassende Art anderen gegenüber. Es können auch die simpelsten Dinge sein, die scheinbar nie verinnerlicht werden – Hygiene, Ordnung, Rücksichtnahme. Und dann gibt es diese „Kandidaten“, die von einem Missgeschick ins nächste stolpern, ohne es selbst zu merken – die sprichwörtlichen schwarzen Schafe.

Diese Situationen häufen sich, setzen sich fest wie Schlacke, die schwer wieder loszuwerden ist, und hängen schließlich wie ein Damoklesschwert über dem Haussegen. Unweigerlich schlägt das auch auf meine Stimmung durch. Alles erscheint aussichtslos, und ich frage mich: Wird das jemals wieder besser?

Entscheidend ist, wie wir zu Hause mit solchen Tiefs umgehen. Mir fällt es schwer, sie mir nicht anmerken zu lassen. Meine Stimmung verdunkelt sich mit jedem Tag mehr, und irgendwann fühle ich mich wie kurz vor einer Explosion. Dann kann ich nicht mehr so tun, als wäre alles in Ordnung. Ich werde laut, streng, ungerecht – und merke doch: aus diesem Loch wieder herauszufinden, ist alles andere als leicht. Wenn der Haussegen erst einmal schief hängt, braucht es viel Kraft, ihn wieder gerade zu rücken. Lange dachte ich, das liege allein an mir, an meinen Launen. Doch inzwischen sehe ich klarer: Es sind schlicht Entwicklungsphasen meiner Kinder, die mich herausfordern – und das ist normal.

Was mir hilft, ist die Reflexion. Wenn ich die Situationen noch einmal durchgehe, erkenne ich oft instinktiv, was mein Kind gerade braucht. Diesem Gefühl darf ich vertrauen, weil ich im Alltag präsent bin und spüre, was meine Kinder bewegt. So konnten meine Frau und ich bisher die großen Katastrophen vermeiden. Und manchmal ist es auch die beste Lösung, einfach etwas Schönes zu tun statt weiterzustreiten.

Mit Julian habe ich neuerdings den Modellflug entdeckt – etwas, das uns beiden Freude macht und uns verbindet. Solche Momente zeigen mir: Zwischen all den Konflikten steckt immer auch die Chance auf Nähe.

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Menschvadder, einfach mal auflaufen lassen…

Es ist alles andere als leicht, die eigenen Kinder bewusst ins Stolpern laufen zu lassen – in der Hoffnung, dass sie an den eigenen Fehlern wachsen. Im Kern bedeutet es ja, jemanden über die eigenen Füße stolpern zu lassen, und gleichzeitig darauf zu vertrauen, dass genau darin eine Lektion verborgen liegt.

Lange habe ich geglaubt, man könne Kindern alles erklären: warum etwas schädlich ist, warum bestimmte Dinge nicht zu ihnen passen. Ich war überzeugt, dass logische Argumente genügen würden – und zeigte mich erstaunlich geduldig, wenn das erhoffte Ergebnis ausblieb. Doch mehr Reden brachte selten den ersehnten Erfolg. Im Gegenteil: oft blieb es beim alten Muster.

Mindestens ebenso schwer fällt es mir, Situationen einfach laufen zu lassen, wenn etwas schiefläuft – nicht sofort einzugreifen, nicht sofort zu korrigieren. Zuhause wird dann die Luft schnell dick. Unsere Kinder akzeptieren direkte Einmischung oder striktes Durchgreifen kaum, und so entsteht Frust auf beiden Seiten. Die Konflikte belasten nicht nur die einzelnen Momente, sondern prägen die Stimmung des ganzen Hauses.

Besonders mit Julian wird es oft herausfordernd. Er legt großen Wert auf Selbstbestimmung und empfindet jede äußere Einschränkung als Angriff. Abmachungen sind für ihn nur dann bindend, wenn er einen unmittelbaren Vorteil darin erkennt. Andernfalls begegnet er ihnen mit Widerstand – oder mit Provokationen, die seine erlebte Ungerechtigkeit unterstreichen sollen. Wir haben mit ihm schon unzählige Situationen durchgespielt, und irgendwann zehrt das an den Kräften – an meinen ebenso wie an denen meiner Frau. Manchmal stehen wir beide am Rand der Verzweiflung.

Und doch glaube ich, dass sich mit der Zeit eine gemeinsame Kommunikationsbasis entwickelt. Sie wächst nicht so schnell, wie wir uns wünschen, aber sie wächst. Unsere Aufgabe als Eltern ist es, diese schwierigen Situationen auszuhalten – auch dann, wenn es so viel leichter wäre, alles mit einem klaren Machtwort zu beenden. Manchmal zeigt sich Einsicht tatsächlich erst nach einem heftigen Krach. Ich habe gelernt, dass auch der Zeitpunkt und die Umgebung entscheidend sind: in einer entspannten Situation, im richtigen Moment, kommt Gesagtes oft viel eher an.

Ebenso wichtig ist es, Interesse am Alltag der Kinder zu zeigen – ihre Stimmung, ihre Gemütslagen wahrzunehmen. Bei Julian schwankt das stark, während sein kleiner Bruder viel konstanter ist und Rückschläge leichter wegsteckt. Es gibt Tage, da hängt schon am Vormittag eine dunkle Gewitterwolke über dem Haus, die sich in heftigem Streit entlädt. Doch am Abend sitzen wir dann doch wieder zusammen beim Essen, finden zurück zu einem gemeinsamen Miteinander. Besonders wertvoll sind für mich die Momente, in denen gemeinsame Unternehmungen nicht nur den Kindern Freude machen, sondern auch mir selbst etwas geben. Sie spüren sofort, ob ich mit Hingabe dabei bin – oder ob ich nur aus Pflichtgefühl mitmache. Deshalb habe ich versucht, diese gemeinsamen Hobbys unabhängig von Konflikten zu bewahren, nie als Druckmittel einzusetzen.

Vielleicht liegt darin die schwerste Lektion für uns Eltern: zu akzeptieren, dass wir nicht immer Einfluss nehmen können, nicht immer Einsicht erzwingen können. Es bleibt, die Balance zu halten zwischen Führen und Loslassen – und darauf zu vertrauen, dass unsere Kinder ihre eigenen Wege finden.

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Menschvadder, manchmal läuft’s nicht nach Plan…

Manchmal läuft das Leben einfach nicht nach Plan. Und es kostet Kraft – all das Planen, Vorbereiten, die Stimmung im Blick behalten und selbst im Takt bleiben. Geburtstage, Wochenenden, Urlaube … nichts davon trägt sich von allein. So ist das eben.

Was mich immer wieder fasziniert: wie schnell wir Zuhause in unsere Muster zurückfallen. Ganz festgefahren ist die Lage nie, aber die Manöver fühlen sich oft schwer an – wie das Wenden eines Tankers auf hoher See. Jeder lebt in seiner eigenen Welt, die unaufhörlich in Bewegung ist.

Und so ist fast schon vorprogrammiert, dass jemand meckert. Oft ist es die gleiche Person, die gleich zu Beginn den Ton setzt – und schon wird jeder Schritt ein Kraftakt. Aber auch meine Frau und ich wechseln uns ab, wenn es ums Nörgeln geht. Das Ergebnis: Die Hälfte aller Pläne scheitert schon, bevor sie überhaupt Fahrt aufnehmen. Mal liegt es an ihr, mal an mir, mal an jemand anderem. So simpel – und gleichzeitig so frustrierend. Wenn sich diese Fehlschläge häufen, fühlt es sich an, als würde jeder zweite Versuch ins Leere laufen.

Und doch: Auf der einen Seite steht dieser ganze Aufwand, den wir betreiben, weil wir unsere Familie zusammenhalten wollen. Weil wir wissen, dass die Grundstimmung in unserem Zuhause nicht nur Schicksal ist, sondern in gewissem Maß gestaltbar. Auf der anderen Seite müssen wir anerkennen, dass nicht alles in unserer Hand liegt.

Das Tröstliche ist: Diese Mühe ist nie umsonst. Auch wenn die Ergebnisse nicht sofort spürbar sind. Im Gespräch zu bleiben erfordert Anstrengung. Es ist eine Teamleistung – und dafür dürfen wir uns gegenseitig dankbar sein, uns bewusst belohnen. Und nicht zuletzt: auch für uns selbst. Denn es gibt Tage, da scheitert etwas – und trotzdem bleibt es wichtig, sich nicht selbst die Schuld zu geben, sondern sich ein guter Freund zu sein.

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Menschvadder, ist das Diebstahl?

Grenzen in der Familie sollten nicht beliebig dehnbar sein. Sie müssen spürbar und klar kommuniziert werden – vor allem, wenn es um die persönlichen Grenzen geht. Die gute Nachricht ist: Mit der Zeit lernen Familienmitglieder, sich einander anzunähern und die individuellen Grenzen zu respektieren. Zumindest sollte es so sein.

In meiner Erfahrung war das jedoch ein längerer Lernprozess. Es hat viel Zeit gebraucht, bis ich meine Grenzen meinem Kind gegenüber in einer persönlichen Sprache ausdrücken konnte: „Ich möchte nicht, weil…“, „Ich ärgere mich, weil…“, „Das macht mich wütend, weil…“. Doch allein bei den Worten blieb es nicht. Entscheidend war auch, wie ich sie sagte. Die Art der Kommunikation bestimmte maßgeblich, welche Botschaft tatsächlich ankam. Meine Erwartungen leiteten sich stark aus meinen eigenen Erfahrungen ab – vieles erschien mir logisch, selbstverständlich, geradezu unausweichlich. Doch mein Kind sah die Welt mit anderen Augen. Selbst einfache Dinge mussten wieder und wieder geübt werden. Manchmal gelang der Durchbruch, manchmal schien alles nach kurzer Zeit wieder vergessen.

Ein Beispiel: Für meinen Großen war es irgendwann selbstverständlich, dass Geld aus meinem Geldbeutel auch sein Geld war. Widerspruch beim Einkaufen wurde nicht akzeptiert. Lag der Geldbeutel offen, bediente er sich schon mal selbst. Mit vier Jahren war das fast noch niedlich – mit elf Jahren hatte es ein anderes Gewicht. Die Enttäuschung darüber wuchs in mir und war kaum auszuhalten. Nach mehreren Vorfällen sprach ich schließlich Konsequenzen aus, die über Wochen anhielten. Doch ich merkte: Strafen allein reichten nicht. Entscheidend war, gleichzeitig seine Bedürfnisse im Blick zu behalten. Ihm Freiheiten zuzugestehen, ohne ihn zu verwöhnen oder alles selbstverständlich vor die Füße zu legen. So begann ich, ihm Möglichkeiten zu geben, sich eigenes Geld zu verdienen – zuerst mit Pfandflaschen, später durch feste Aufgaben im Haushalt: Spülmaschine ausräumen, Altpapier wegbringen. Weil diese Arbeiten regelmäßig anfielen, konnte er sich tatsächlich etwas ansparen. Erst diese Mischung aus Konsequenz und Fürsorge führte dazu, dass sich Einsicht bei ihm einstellte.

Besonders schwer war es, mit der schieren Menge an Vorfällen umzugehen – den kleinen und großen Dingen, die sich im Alltag ansammeln und Frust auf beiden Seiten erzeugen. Diesen Frust immer wieder abzubauen, verlangt eine Gnade, die letztlich jeder von uns braucht. Für mich ist genau das Führung: nicht ständige Kontrolle, sondern ein Balancieren zwischen Klarheit und Barmherzigkeit. Es ist die Art von Halt, die Kinder brauchen.

Am Ende bleibt für mich eine zentrale Botschaft: Vertraue auf die Liebe zu deinem Kind. Sie ist größer als jede Enttäuschung, stärker als jeder Konflikt. Aus diesem Vertrauen heraus lassen sich selbst miese Situationen überwinden. Dann können weder schlechte Körperhygiene, noch stinkende Socken oder verschwundenes Kleingeld die Beziehung ernsthaft erschüttern. Sei gnädig – mit deinem Kind, aber auch mit dir selbst.

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Menschvadder, nimm dir mal eine Auszeit im Alltag…

Ich spreche hier nicht von einer großen Auszeit vom Alltag. Nein, das meine ich nicht. Zu viel Abstand kann bei mir sogar den gegenteiligen Effekt haben – es verstärkt manchmal nur den Wunsch, auszubrechen. Was ich meine, ist viel kleiner, viel unscheinbarer: diese eine halbe Stunde, in der du nichts musst und nichts machst.

Nicht erst spät am Abend, wenn ohnehin alles vorbei ist. Sondern mitten im Tag. Einfach mal runterfahren, den Ball abgeben. Gerade dann, wenn du – so wie ich oft – das Gefühl hast, alles allein regeln zu müssen. Nicht, weil es ein Luxus wäre. Sondern, weil genau in diesem Abstand etwas Wesentliches geschehen kann: ein neuer Blick auf die Dinge.

Kürzlich hörte ich eine Predigt über Geduld. Der Pastor sprach davon, wie sehr wir uns von der Natur entfremdet haben. Er erinnerte daran, dass Wachstum Zeit braucht, dass Prozesse in Ökosystemen und in der Evolution nicht beschleunigt werden können. Alles folgt seinem Rhythmus. Und er betonte: Geduld ist kein Mangel, sondern etwas Natürliches.

So ist es auch mit Erziehung. Wenn ich merke, dass meine Geduld am Ende ist, gönne ich mir bewusst diese halbe Stunde. Ich sage meinen Kindern: „Ich bin jetzt eine Weile nicht ansprechbar. Es hat nichts mit euch zu tun.“ Und oft geschieht dann etwas Erstaunliches: Die kleinen Konflikte des Alltags lösen sich von selbst auf. Das Stimmungsbarometer in der Familie steigt – und auch in mir.

Geduld. Geduld.

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Menschvadder, ärger dich nicht…

Eine Beziehung zwischen dir und deinem Kind kann aus den Fugen geraten. Das liegt fast schon in der Natur der Sache: Fremdbestimmung, Machtausübung, das einseitige Gefälle zwischen Eltern und Kindern – all das hinterlässt Spuren. Kinder sind nicht dumm, im Gegenteil. Ihnen fehlt lediglich die Lebenserfahrung.

Doch was tun, wenn es kracht? Die meisten von uns Vätern sind ins kalte Wasser geworfen worden. Kaum jemand blickt auf eine Ausbildung in Pädagogik zurück oder verfügt über methodische Kompetenzen in Sachen Erziehung. Und trotzdem stehen wir mittendrin.

Der große Knall ist dabei selten das Ende der Welt. Klar, Temperamente können die Stimmung zuhause zusätzlich anheizen. Aber kaum jemand beschäftigt sich rund um die Uhr ausschließlich mit Kindererziehung – und unerschöpfliche Energiereserven hat ebenfalls keiner von uns. Gerade dann, wenn sich eine Situation im Alltag zuspitzt, bedeutet das nicht automatisch, dass du rot sehen musst. Kinder ziehen viele Register, das habe ich gelernt. Aber Wutanfälle und Ausbrüche sind nichts Endgültiges – sie haben ein Ende, früher oder später.

Der entscheidende Unterschied liegt bei dir: steigst du mit ein, wird es oft verletzend – durch Worte, durch ruppige Reaktionen. Bleibst du jedoch ruhig, wirst du zur Konstante. So gibst du deinem Kind die Möglichkeit, die eigenen Gefühle kennenzulernen und nach und nach den Umgang damit zu erlernen. Je nach Alter braucht es dabei unterschiedlich viel Unterstützung – ein Dreijähriger braucht dich enger an seiner Seite als ein Elfjähriger.

Eine letzte Erkenntnis ist wichtig: Nimm es niemals persönlich. Egal, wie hart die Worte deines Kindes in solchen Momenten sind, egal, wie sehr es dir in seiner Wut das Gefühl gibt, dich zu hassen – es ist nicht gegen dich gerichtet. Ich habe schon die wildesten Beschimpfungen über mich ergehen lassen. Doch am Ende bleibt: Es ist ein Ausdruck von Überforderung, nicht von echter Ablehnung.